Was Reflexe mit Verhalten zu tun haben können
Ein Blick in die frühkindliche Entwicklung
Es gibt Momente im Alltag mit Kindern, in denen wir stutzen:
Warum sitzt mein Kind nicht still – obwohl es sich Mühe gibt?
Wieso wirkt es ungeschickt, stolpert viel oder lässt Dinge fallen?
Und wie kann es sein, dass Hausaufgaben so anstrengend sind, obwohl das Denken eigentlich leicht fällt?
Solche Situationen können viele Gründe haben. Einer davon wird selten bedacht, ist aber grundlegend für Entwicklung: frühkindliche Reflexe.
Was sind frühkindliche Reflexe?
Frühkindliche Reflexe begleiten jeden Menschen ab der Schwangerschaft.
Sie sind automatische Bewegungsmuster, die Babys helfen,
sich gegen die Schwerkraft aufzurichten,
den Kopf zu halten,
zu greifen, zu rollen, zu robben,
sich im Raum zu orientieren.
Reflexe sind sozusagen die Motor des frühen Lernens – sie bereiten den Körper auf Koordination, Wahrnehmung und schließlich auf Denken vor.
Mit zunehmender Reifung des Nervensystems integrieren sie sich Stück für Stück. Viele werden dann kaum noch sichtbar, weil sie nicht mehr gebraucht werden.
Wenn Reflexe natürlicherweise bleiben – was bedeutet das?
Bei manchen Kindern zeigen sich einzelne Reflexe länger als üblich.
Das ist kein Fehler, keine Diagnose, sondern ein Hinweis: Das Nervensystem arbeitet noch an etwas.
Ein noch aktiver Reflex kann zum Beispiel dazu führen, dass …
Beobachtung im AlltagWarum das sein kanndas Kind leicht vom Stuhl rutschtDer Körper braucht Bewegung zur StabilisierungSchreiben schnell anstrengend wirdautomatische Bewegungen lenken unbewusst abes impulsiv wirkt oder schnell frustriertdie Regulation braucht mehr UnterstützungStolpern oder Ungeschicklichkeit auftretenMotorik muss aufmerksam gesteuert werden
Wichtig dabei:
Ein sichtbarer Reflex bedeutet nicht zwangsläufig, dass etwas „nicht stimmt“. Oft zeigt er einfach: Der Körper befindet sich noch im Lernprozess.
Verhalten ist oft Körper – nicht Charakter
Viele Verhaltensweisen entstehen nicht im Kopf, sondern im Körper.
Was wie „Zappeln“, „Träumen“ oder „Unruhe“ wirkt, kann Ausdruck von Anstrengung sein:
👉 Das Kind tut bereits sein Bestes.
👉 Es hält Bewegungen bewusst zurück, die eigentlich automatisch laufen sollten.
👉 Es kompensiert – oft den ganzen Tag.
Wer das erkennt, kann liebevoller begleiten.
Statt „streng“ braucht es manchmal nur Verständnis, Zeit und passende Impulse.
Ein Blick auf Entwicklung darf neugierig machen
Wenn Eltern verstehen, wie eng Körper und Verhalten miteinander verbunden sind, entsteht oft Erleichterung:
✨ „Ah, deshalb fällt meinem Kind das schwer.“
✨ „Jetzt ergibt sein Verhalten plötzlich Sinn.“
✨ „Es gibt Wege der Unterstützung.“
In der neuro-physiologischen Entwicklungsbegleitung geht es nicht darum, Verhalten zu „korrigieren“, sondern den Körper zu stärken – Schritt für Schritt, sanft, mit Respekt vor der Entwicklung jedes Kindes.
Manchmal genügt schon ein anderer Blick, um Alltagssituationen milder zu sehen.